Hard Powder – Review

Da macht doch glatt der selbe Regisseur innerhalb von nur knapp 4 Jahren ein amerikanisches Remake zu seinem eigenen Film, damals erschienen als ‚Einer nach dem anderen‘. Im Original übernahm Stellan Skarsgård die Rolle des von Rache getriebenen Vaters auf der Suche nach Vergeltung. Im Remake ‚Hard Powder‘ schlüpft nun der dafür prädestinierte Liam Neeson in die Rolle von Nelson Coxman. Wer jetzt einen weiteren ‚Taken‘-Abklatsch erwartet, der irrt. Der Film könnte viel mehr für Fans von Quentin Tarrantino genau das Richtige sein. Coxman ist Schneepflugfahrer und räumt mit seinem Fahrzeug die Bergstraßen des stark verschneiten, in den Rocky Mountains gelegenen Städtchens Kehoe. Als sein Sohn eines Tages nach einer Heroinüberdosis tot aufgefunden wird, ihm aber klar ist, dass sein Sohn kein Junkie war, macht er sich auf einen blutigen Rachefeldzug quer durch die Drogenszene Denvers, da die örtliche Polizei keine Hilfe ist.

Was direkt auffällt, ist das langsame Pacing. Man lässt sich viel Zeit, um die teils atemberaubenden Umgebungen der Bergregion zu zeigen, durch welche sich der Schneepflug kämpft. Untermalt wird alles von Balalaika-Musik und es werden Erinnerung an ‚Fargo‘ von den Coen Brüdern wach. Nicht aufgrund der Musik, sondern aufgrund der tristen, menschenfeindlichen Umwelt, die gezeigt wird, welche jedoch ein gewisses Maß an Anmut besitzt. Liam Neeson gibt sich gewohnt wortkarg und ausdruckslos. Überraschenderweise handelt es sich bei seinem neusten Film aber alles andere als um einen weiteren, simplen Revenge-Thriller, wie wir ihn fast schon jährlich vom Schauspieler serviert bekommen. Regisseur Hans Petter Moland hat nämlich seine ganz eigene, düster-skurrile, schwarzhumorige Handschrift. Als hätten sich die Coen-Brüder mit Quentin Tarantino zusammengetan. Das Experiment erweist sich jedoch nicht als komplett gelungen, die Qualität der erwähnten Filmemacher erreicht Moland fast zu keiner Sekunde.

Als problematisch erweist sich unter anderem der Cast. Neeson fügt sich fast schon zu organisch in den Film ein, viel spannender wäre es wohl gewesen, Coxman mit einer Person zu besetzen, welche außerhalb ihrer Komfortzone schauspielert, wie im Original Stellan Skarsgård. Von ihm erwartet man nämlich nicht, dass er im nächsten Moment den ganzen Raum auseinander nimmt. Skarsgård ist eigentlich die perfekte Besetzung, was direkt zum Hauptproblem des Machwerks führt: Das Remake erweist sich einfach nicht als gerechtfertigt und ein Grund dafür will sich einfach nicht erschließen, da es sich noch dazu um ein Shot-by-Shot-Remake handelt. Abweichungen gibt es meist nicht mal in den Einstellungen, es werden nur manche Szenen minimal erweitert. Dann castet man noch die unglaubliche Laura Dern in die Rolle von Coxmans Frau Grace und gibt ihr gute 4 Minuten Screentime. Und dass, obwohl klar ist, dass man so wenig vom Original abweicht, da spielt sie nämlich eine gleich unbedeutende Rolle. Den Bösewicht mimt Tom Bateman. In dem jungen Mann steckt bestimmt großes Talent, als Neesons Gegenspieler schlägt er aber stark über die Stränge, da er permanent overactet. Dies geht soweit, dass er beinahe zur Karikatur eines Antagonisten verkommt.

Aufgrund der Dialoglastigkeit will der Regisseur, wie in ‚Fargo‘ oder zum Beispiel in ‚7 Psychos‘, verschiedene skurrile Gangstercharaktere etablieren, kratzt bei diesen jedoch lediglich an der Oberfläche. Die Actionsequenzen sind kaum vorhanden und werden eher müde in Szene gesetzt. Da fehlt es sowohl an Wucht und Brachialität, als auch an einer hochwertigen Inszenierung. Gewalt wird meist nur Offscreen angewandt. Wenn Coxman auf einen Bösewicht einprügelt, hält die Kamera auf Neeson, das Ergebnis dieser Akte bekommen wir aber ungeschönt präsentiert. Der eingestreute, schwarze Humor kommt nicht zu kurz und viele der Gags treffen genau ins Schwarze, jedoch wiederum fernab der Qualität der großen Vorbilder des Films. Es handelt sich um keinen Totalabsturz, trotzdem sollte man eher zum Original greifen, denn hier passt der Cast und die vom Regisseur gewünschte, eigentümliche Atmosphäre wird weitaus besser transportiert.

Fazit:

‚Hard Powder‘ ist leider nicht mehr als eine uninspirierte Kopie seines Originals ‚Einer nach dem anderen‘. Was den Regisseur geritten hat, seinen eigenen Film so lieblos zu amerikanisieren, lässt sich nur mutmaßen. Liam Neeson will in seiner Rolle des rachegetriebenen Schneepflugfahrers einfach nicht so recht passen, viel zu glattgebügelt und eiskalt wirkt sein Schauspiel. Cinematographisch hat der Regisseur einiges zu bieten. Die verschneiten Landschaften strotzen vor Bildgewalt. Trotzdem sollte man lieber zum norwegischen Original greifen, dieses bietet nämlich den eigentlich intendierten, atmosphärisch-skurrilen Flair und mit Stellan Skarsgård einen deutlich besser passenden Hauptdarsteller.

Kinostart: 01.03.2019

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Pressematerial zur Verfügung gestellt von Constantin Film
Poster: © 2019 Constantin Film

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