1922 – Review

‚1922‘ ist ein von Netflix produziertes Horrordrama, basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Stephen King, aus der Novellensammlung „Full Dark, No Stars“. Regie führt der Australier Zak Hilditch. Wilfred „Wilf“ James, gespielt von Thomas Jane, ist Farmer und Herr über 70 Hektar Land, welches er bepflügt, pflegt und erntet, jedoch ist er leider nicht dessen Besitzer. Die komplette Farm, angesiedelt im titelgebenden Jahr 1922 in Nebraska, gehört nämlich seiner Frau, welche sie von ihrem Vater geererbt hat. Wilf liebt seine Berufung und ist Stolz auf das Land, welches ihm den wohlverdienten Lebensunterhalt bringt. Es soll unbedingt mal in den Besitz seines, zum Zeitpunkt der Geschichte 14-jährigen, Sohns Henry übergehen. Henry ist frisch verliebt in die Nachbarstochter und er genießt mehr und mehr die Privilegien und Pflichten des Farmlebens, somit ist er auch untrennbar mit seiner Umgebung verbunden. Nur Henrys Mutter Arlette verabscheut das Leben am Land. Über Jahrzehnte hinweg träumt sie schon vom eigenen Kleiderladen in der Stadt und als sich endlich die Chance auftut, die Farm für gutes Geld zu verkaufen, möchte sie nach Jahren des Grämens ihren Albtraum hinter sich lassen. So beginnt das Familienidyll zu zerbröckeln.

Der Film beginnt mit einer Vorblende – Wilf betritt ein Hotelzimmer. Er setzt sich zum Schreibtisch und schreibt ein Geständnis für seine Taten im Jahre 1922. Also erzählt er nun die Geschichte aus dem Off. Thomas Jane überrascht hier von der ersten Sekunde an. Jane verkörpert mit ganzer Seele den Farmer Wilf. Dabei spricht er mit starkem amerikanischen Akzent, ist von der Feldarbeit braungebrannt und legt ein nuancenreiches Schauspiel an den Tag. Noch nie hat man ihn mit so einer starken Performance gesehen. Auch Molly Parker als Arlette legt eine sehr gute Leistung ab. Sie lässt uns den Hass ihrem Mann gegenüber nahezu spüren. Hinzu kommt noch eine solide Kameraarbeit, welche sich perfekt auf die Ruhe und das dadurch entstehende Unbehagen einstellt. Da der Film auf Netflix in 4K Ultra HD Auflösung streambar ist, lohnt es sich bei diesem Machwerk manchmal sogar, einen 4K Fernseher zu besitzen, da teilweise tolle Landschaftsaufnahmen und Nachthimmel gezeigt werden. Klingt also danach, als hätte man die perfekten Zutaten für einen ausgezeichnetes Horrorerlebnis beisammen, dem ist aber weit gefehlt. Wieder einmal werden wir Zeuge des inzwischen bekannten Problems: Das Material funktioniert nur als Kurzgeschichte, bietet aber nicht genug Fleisch, um einen kompletten Film zu füllen. Dabei beläuft sich die Laufzeit des Films sogar auf 102 Minuten, man hätte also problemlos noch 10 – 20 Minuten rausnehmen können. Dies schadet dem Pacing wirklich immens und man muss genug Sitzfleisch mitbringen, um den Film bis zum Ende miterleben zu können.

Es handelt sich aber um keine komplette Enttäuschung. Das Szenenbild ist hochwertig und authentisch, wie man es von Netflix gewohnt ist und es handelt sich auch keinesfalls um ein B-Movie. Den gesamten Film über wird versucht ein Unbehagen beim Zuseher zu erzeugen, wie wir es vom Horror-Meisterwerk ‚The Witch‘ kennen, dies erreicht man aber nicht in einer einzigen Szene. Es gibt gruselige Moment, diese sind aber äußerst rar gesäht – sogar der grandiose bösartige Stephen King Horror lässt sich gelegentlich erkennen. Man bekommt also nichts Halbes und nichts Ganzes. Es wird versucht ein unangenehmes Gefühl wie in ‚The Witch‘ zu erzeugen, jedoch erreicht die Story niemals einen Höhepunkt, alles plätschert vor sich hin. Die Konversationen sind interessant, aber der Grundgedanke wirkt nicht zu Ende gedacht. Spannung wird auch nur sehr selten erzeugt. Der Film schafft es also zu keinen Moment das Publikum mitzureißen. Man kann dem Regisseur zu gute halten, dass er versucht das Horror-Genre weiter zu definieren, ohne auch nur irgendwie in Jumpscares oder dergleichen abzurutschen. Es scheitert aber an der dünnen Vorlage und dabei versucht Hilditch auch noch, die Geschichte zu strecken.

Fazit:

Eher mittelmäßiges Horrordrama, welches über weite Strecken ohne große Ereignisse vor sich hindümpelt und dabei händeringend versucht, eine Kurzgeschichte in einen abendfüllenden Film aufzublasen. Das Schauspiel von Thomas Jane sollte hier definitiv gewürdigt werden, wer aber Lust auf eine spannende, aufwühlende Stephen King Verfilmung hat, sollte besser zu Netflix ‚Gerald’s Game‘ (dt. ‚Das Spiel‘) greifen.

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