Verschwörung (The Girl in the Spider’s Web) – Review

7 Jahre nach David Finchers hervorragendem ‚Verblendung‘ wagt sich Fede Álvarez an ein Soft-Reboot der Fortsetzung von Stieg Larssons Millenium-Trilogie ‚Verschwörung‘. Die Roman-Vorlage stammt von David Lagercrantz und stand bei der Veröffentlichung unter starker Kritik, da diese fern der Qulität eines Stieg Larsson war. Warum daher gerade auf den 4. Teil zurückgegriffen wurde, ist nicht ganz verständlich. Auch wurde der komplette Cast um Rooney Mara und Daniel Craig getauscht. Lisbeth Sander wird jetzt von Claire Foy gespielt, welche schon vor kurzem in Damien Chazelle’s ‚First Man – Aufbruch zum Mond‘ eine oscarreife Performance ablieferte. Die Rolle des Mikael Blomkvist übernimmt der schwedische Schauspieler Sverrir Gudnason. Lisbeth befindet sich auf der Flucht vor dem Gesetz. Als sie eines Tages einen Auftrag von Frans Balder, einem ehemaligem NSA-Mitarbeiter, bekommt, stellt sich ihre Welt erneut auf den Kopf. Balder hat für die NSA ein Programm entwickelt, welches auf alle nuklearen Codes weltweit zugreifen kann. Darum beauftragt er Lisbeth damit, das Programm ‚Firefall‘ von der NSA zu stehlen, da er es für zu gefährlich erachtet.

Genauso flach, wie sich die Prämisse anhört, ist sie auch. Lisbeth hacked sich daraufhin ohne großen Aufwand in das Netzwerk der NSA und downloaded ‚Firefall‘. Dabei sehen wir ihren Computerbildschirm und hören an einwählende 56k-Modems erinnernde Klänge. Der NSA-Sicherheitsexperte Edwin Needham bemerkt den Hack und dreht daraufhin mit einem großen roten Notschalter die Server der NSA ab, um den Download zu unterbrechen, nur um kurz daraufhin festzustellen, dass der Download vollständig abgeschlossen wurde. Das lässt Needham natürlich nicht auf sich sitzen und marschiert im Alleingang zum Flughafen, um Lisbeth in Stockholm zu stellen. So in etwa stellt sich ein 10-jähriger die Welt vor. Lisbeth hat gerade die Atomcodes der ganzen Welt von der NSA gestohlen, wofür nur ein einzelner NSA-Mitarbeiter zuständig ist, welcher sich doch prompt selbst auf den Weg macht, ohne auch nur irgendwie eine Meldung abzugeben. Natürlich konnte er Lisbeth innerhalb von Sekunden in Stockholm orten, geht ja genauso einfach, wie sich bei der NSA reinzuhacken. Und so geht es den ganzen Film über. Dem Publikum wird eine Schwachsinnigkeit nach der anderen zugemutet. Die Hackerin übernimmt zum Beispiel das Sicherheitsnetzwerk eines kompletten Flughafens, indem sie ein Handy in einem Koffer versteckt, welchen sie dann einfach so irgendwo am Flughafen stehen lässt. Einer der Sicherheitsbeamten nimmt den Koffer ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und bringt ihn schnurstracks zurück zu der Sicherheitszentrale, von wo aus sie dann per Knopfdruck über das Handy in das Flughafennetzwerk einsteigen kann.

Dabei ist der Film handwerklich gut gemacht. Die Effekte sind ansehnlich, die Kameraführung ist bei den rar gesäten Actionszenen ganz nah dran und alles wirkt hochwertig produziert. Jedoch schafft man es zu keinem Zeitpunkt, an die düstere Atmosphäre Finchers ranzukommen beziehungsweise ist allgemein kaum Atmosphäre vorhanden. Spannung mag auch nur ganz selten aufkommen. Dem guten Handwerk fehlt einfach die nötige Liebe zum Detail und die Ruhe eines David Finchers. Alles wirkt aufgesetzt und realitätsfern, konnte doch sein Vorgänger ‚Verblendung‘ mit einem düsteren, dreckigen, unangenehmen und realitätsnahem Look punkten. Claire Foy macht ihren Job sehr gut, angesichts des vorhandenen Drehbuchs und der vorgegebenen Dialoge, bleibt ihre Figur aber weitestgehend blass. Viel mehr hätte hier nicht rausgeholt werden können. Daher bekommt sie auch nie die Chance, um sich mit der Darstellung einer Rooney Mara oder gar mit der von Noomi Rapace zu messen, wozu sie vermutlich durchaus in der Lage gewesen wäre. Es wird versucht, Lisbeth in eine Actionheldin zu verwandeln. Ihre verletzliche Seite, wodurch ihr Charakter erst richtig an Stärke gewinnt, kommt aber kaum zum Vorschein und wird viel zu plump vermittelt. Auch Mikael Blomkvist musste einer glattgebügelten, weitaus jüngeren Version seiner selbst weichen. Er ist für die Geschichte kaum relevant und wirkt eher zwanghaft in diese integriert. Die Beziehung zwischen ihm und Lisbeth findet also ebenfalls kaum Beachtung. Zuseher, die den Vorgänger nicht gesehen haben, fragen sich gar, wie sich die Wege dieser beiden absolut ungleichen Charaktere überhaupt kreuzen konnten. Übrig bleibt leider nur ein aus bekannten Versatzstücken zusammengekleisterter, belangloser, stark unter dem Drehbuch leidender Actionthriller.

Fazit:

Äußerst konstruiert anmutender Actionthriller, welcher versucht, das Millenium-Franchise in ein maßentauglicheres Richtung zu biegen. Fans des Vorgängers ‚Verblendung‘ ist hiervon nur abzuraten, da einem bei dem durch Zufall angetriebenen Plot teilweise die Haare zu Berge stehen. Claire Foy könnte die neue Lisbeth Sander sein, bekommt aber nie die Chance, sich zu beweisen. Das Gezeigte ist vorhersehbar, daher kaum sehenswert und auch noch fern jeglicher Realität.

Kinostart: 22.11.2018

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Pressematerial zur Verfügung gestellt von Sony Pictures Entertainment.
Poster: © 2018 Sony Pictures Entertainment

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