Schon seit über 25 Jahren arbeitet Christan Rivers bereits mit Peter Jackson zusammen, bei Jacksons ‚Braindead‘ zeichnete Rivers zum Beispiel das Storyboard. Nun gibt der Neuseeländer mit der Verfilmung der ‚Mortal Engines‘-Buchreihe von Philip Reeve sein Langfilm-Regiedebüt. Peter Jackson hat zwar damals die Filmrechte erworben, fungiert diesmal aber nur als Produzent und Drehbuchschreiber. Damit hat sich der Regisseur eine Mammutaufgabe auferlegt. Den ersten, gleichnamigen Roman versucht er in einem nur 128 Minuten langem Film abzuhandeln. Daher bleibt auch nicht viel Zeit für eine groß angelegte Einführung in die Geschichte. Innerhalb der ersten Minuten wird dem Zuschauer die Grundhandlung erklärt. Nach einem nur 60-minütigen Krieg sind große Teile der menschlichen Bevölkerung und sämtlichen Lebens auf der Erde ausgelöscht. Die damals eingesetzten Superwaffen hinterließen ein Ödland, welches die Menschheit aufgrund der wütenden Naturkatastrophen, zur ständigen Flucht getrieben hat. Die letzten Überbleibsel der Menschheit leben daher auf motorisierten Städten, welche auf gigantischen Reifen und Panzerketten durch die Endzeit streifen. Die größte und erste dieser Städte ist London, deren Motor durch das symbolische Verschlingen kleinerer Städte angetrieben wird, indem die Rohstoffe dieser Städte quasi in Treibstoff umgewandelt werden. So wütet das neue London auf gigantischen Ketten, mit der St. Pauls Cathedral auf der Spitze, durch die Endzeit.
Der Film präsentiert uns dies alles jedoch bei weitem nicht so detailliert, wie es gerade beschrieben wurde. Nach einem kurzen Erzählermonolog wird man direkt in das Geschehen geworfen, und wir sehen London bei der Verfolgung einer der kleineren, motorisierten Städte. Dabei wird das Publikum mit Eindrücken nur so bombardiert, was beim erstmaligen Sehen durchaus zu viel werden kann. Das Steampunk-Setting bietet eine derartige Flut an Möglichkeiten, welche hier mit den blitzschnellen Schnitten und Szenen leider fast verheizt wirken. Nach der Verfolgungsjagd lernen wir auch kurz die Stadt kennen. Der junge Historiker Tom Natsworthy eilt durch London, um nicht erneut zu spät zur Arbeit zu kommen. Nebenher sehen wir die Stadt und ihre Bewohner. Fast schon kategorisch für den Film fehlt hier wieder eine gewisse Ruhe in den Schnitten, um die wirklich gut umgesetzten Settings verarbeiten zu können. Diese Eile macht sich auch in den Dialogen bemerkbar, da sehr viele für den Zuseher erzählende Dialoge eingesetzt werden, welche sehr unnatürlich wirken. Auch setzt man auf sehr viele One-Liner, welche speziell im späteren Verlauf des Films immer stärker auffallen.
Die Einwohner der verschlungenen Städte werden nicht getötet, sondern sollen in London untergebracht werden. Eine dieser Einwohner ist Hester Shaw. Sie ist nicht grundlos hier, denn sie befindet sich auf einem Rachefeldzug gegen Thaddeus Valentine, dem Anführer der Gilde der Historiker Londons, zu welchem Tom aufsieht. Als Tom das bevorstehende Attentat Hesters an Valentine bemerkt, eilt er zur Rettung und verfolgt Hester, welche ihm kurz vor der dem Entkommen offenbart, dass Valentine ihre Mutter umgebracht hat. Da Tom zu viel weiß, wird er von Valentine in einen Schacht geworfen, der aus der Stadt ins Ödland führt. Nun müssen Hester und Tom zusammenarbeiten, um den korrupten, größenwahnsinnigen Valentine, gespielt von Hugo Weaving, zu stoppen. Hugo Weaving erweist sich als passende Wahl für den Hauptantagonisten. Er beherrscht es einfach freundlich und herzlich zu wirken, nur um im nächsten Moment sein wahres, kaltherziges, egoistisches Gesicht zu zeigen. Leider bleibt sein Charakter aber größtenteils blass und es fehlt die Zeit, um einen in Erinnerung bleibenden Bösewicht zu erschaffen.
Den Protagonisten Hester und Tom fehlt es ebenfalls an Fleisch und die über den Film durchaus angedachte Charakterentwicklung wird eher ruckartig umgesetzt. Speziell bei Hester gibt es im Laufe der Geschichte einen Punkt, wo sich ziemlich schlagartig ihre Persönlichkeit verändert, um dem Film nicht an Tempo zu nehmen. Die beiden Jungdarsteller Hera Hilmar als Hester und Robert Sheehan als Tom schaffen es trotzdem, dem Zuseher ans Herz zu wachsen. Immer wieder blitzt in herzerwärmenden Momenten ein Gefühl auf, wie man es von Peter Jacksons Trilogien kennt, was größtenteils dem sympathischen Schauspiel der beiden anzurechnen ist. Auch die Gestaltung der Settings ist hervorzuheben. Man spürt die Liebe, die der Regisseur und das Produktionsteam in die Erschaffung der Welt gesteckt hat, was aber aufgrund der gehetzten Erzählweise und der hauptsächlich mit CGI erstellten Sets einfach nicht vermittelt werden kann. Für eine derart vor Action strotzenden Umsetzung der Bücher, hätten der Film ein wesentlich größeres Budget gebraucht. Außerdem sucht man vergebens nach Abwechslung, um den Entdeckerdrang der Zuseher zu wecken.
Genrefans werden vom Setting begeistert sein, jedoch fehlt es insgesamt einfach an der Liebe zur Geschichte, da diese fast zu jedem Moment negativ auffällt. Man hätte gut noch eine ganze Stunde an Vorgeschichte anhängen können, um die Charaktere besser einzuführen und um die Tragweite der vorhergehenden Katastrophe besser zu vermitteln. Trotzdem wirkt der Film bombastisch und ist auch von vorne bis hinten Effekt- und Set-technisch sehr gut produziert. Eine Kinobesuch kann sich für den ein oder anderen kurzweiligen Abend mit Freunden also durchaus lohnen. Dem Franchise, dem Setting und der Geschichte wäre es nämlich definitiv vergönnt. Mit einer mutigeren Herangehensweise und einer zum Bildbombast passenden, epischen Geschichte, besteht mehr als genug Potential für eine großartige Kinoreihe.
Fazit:
Adrenalingetriebene Steampunk-Buchverfilmung, welche so hastig und schnell daherkommt, dass kaum Zeit bleibt, um die Szenerie und die liebenswerten Charaktere an sich ranzulassen. Die Geschichte hätte durchaus eine weitere Stunde an Material geboten, um den Einstieg für Zuseher ohne Buchvorkenntnisse zu erleichtern, hier hätte mehr von der Buchvorlage abgewichen werden müssen. Fantasy-Fans und Freunde des Steampunks sollten sich aber definitiv auf den Weg ins Kino machen, da man ein derart außergewöhnliches Setting bisher noch nicht auf der großen Leinwand begutachten durfte. Ein genaues Urteil ist wohl erst mit den geplanten Fortsetzungen möglich, so bleibt nur ein actionreicher Fantasy-Adrenalinrausch ohne viel Gehalt.
Kinostart: 13.12.2018
Pressematerial zur Verfügung gestellt von Universal Pictures International Austria
Poster: © 2018 Universal Pictures International Austria
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