Platz 5: Climax
Pressematerial zur Verfügung gestellt von Thimfilm
Gaspar Noé hat Ende dieses Jahres mal wieder richtig abgeliefert. Wir begleiten eine junge Tanzgruppe bei ihrer Abschlussprobe, am letzten Abend vor dem Aufbruch zur Welttournee. Für die letzten Probewochen haben sie sich eine entlegenes, verlassenes Schulhaus in Frankreich gemietet. Nach der Abschlussprobe muss natürlich gefeiert werden. Leider wird aber die Bowle mit LSD versetzt und langsam flippt eine Person nach der Anderen aus. Der Film beginnt direkt mit der eigentlich letzten Szene des Films, auf welche der Abspann folgt. Was mich dazu bewegt hat, mein Review zu ‚Climax‘ direkt mit dem Fazit zu beginnen. Der restliche Film wird zwar nicht von hinten nach vorne erzählt, endet aber mit dem Titelschriftzug. In der Pressevorführung, welche ich besuchen durfte, schloss sich dann mit dem Titelschriftzug der Vorhang der Leinwand. Danach war es still. Ich musste erst einmal ein paar Minuten sitzenbleiben, um das Gesehene zu verarbeiten. Es handelt sich zwar nicht um Noés beste Arbeit, da nicht alles perfekt ineinandergreift. Die Interviews nach der Abschlussszene am Anfang sind langatmig und tragen meiner Meinung nach nicht wirklich zum Filmerlebnis bei. Die Charaktereinführung wird dadurch auch nicht wirklich unterstützt, da es sich schlicht um zu viele fremde Charaktere auf einmal handelt, welche zu wenig interessantes zu erzählen haben. Wenn man die Interviews jedoch mal hinter sich hat und die fast halbstündige, unfassbar gut in Szene gesetzte Tanzchoreographie startet, ist man nur so geplättet. Der Film entwickelt hier ein Rauschgefühl, was sich mehr und mehr auf den Zuseher überträgt, selbst wenn man mit der gewählten Musik eigentlich nichts anfangen kann. Die Stimmung kippt sehr bald und wir finden uns in einem Albtraum wieder, welchen ich persönlich so nicht erwartet hätte. Ein Erlebnis, welches unbedingt im Kino gesehen werden muss. Der Film läuft derzeit noch in einigen Kinos (unter anderem im Gartenbaukino in Wien) und kann dort noch nachgeholt werden.
Mein vollständiges Review findet ihr hier!
Platz 4: Hereditary
Pressematerial ist Eigentum von Einhorn Film
Mit seinem Langfilm-Regiedebüt ‚Hereditary – Das Vermächtnis‘ beschert uns Ari Aster den absoluten Ausnahmehorrorfilm des Jahres. Es handelt sich hierbei aber keinesfalls um einen einfachen Horrorschocker nach Schema F. Aster geht es langsam an und verstört die Zuseher mit einer zum Schneiden dicken Atmosphäre, die seinesgleichen sucht. Sein Erstling ist allen voran aber ein Familiendrama. Toni Collette spielt die zweifache Mutter Annie, welche nach dem Tod ihrer Mutter langsam mehr und mehr dem Wahnsinn verfällt. Ein Schicksalsschlag folgt den nächsten und dabei wird nach und nach mit perfektem Feingefühl an der Spannungsschraube gedreht, bis es im letzten Drittel komplett eskaliert. Da der Fokus aber auf dem Etablieren der düsteren Atmosphäre liegt und der Film als Slowburner bezeichnet werden kann, ist es nicht verwunderlich, dass er nicht beim gesamten Publikum gut ankommt. Man muss schon ein gewisses Maß an Ruhe mitbringen und man sollte nicht mit den falschen Erwartungen an das Werk herangehen. Wer einen harten Horrorschocker oder ein Jumpscare-Fest wie ‚The Nun‘ erwartet, wird definitiv enttäuscht sein. Wenn man daran aber unbefangen herangeht und alles erstmal auf sich wirken lässt, könnte man davon mehr als nur begeistert sein, vielleicht sogar den neuen Lieblingshorrorfilm entdecken. Die Darstellerriege ist durch und durch einmalig. Toni Collette muss hier einfach für den Oscar nominiert werden, Alex Wolff und Milly Shapiro erweisen sich als wahre Entdeckungen. Die Dreharbeiten haben Wolff so mitgenommen, dass er immer noch mit Flashbacks zu kämpfen hat. Bei einer Szene knallt er sein Gesicht mit voller Wucht auf einen Tisch. Beim Dreh dieser Szene hat er sich den Kiefer gebrochen, da er dachte, dass die Tischplatte aus Holz gegen Schaumstoff ausgetauscht wurde. Die Handlung ist komplex und arbeitet mit sehr viel Foreshadowing, was einem aber nicht direkt ins Gesicht schlägt, sondern größtenteils erst beim zweiten Sehen ins Auge springt. Ein mehrfacher Sehgenuss der Extraklasse!
Platz 3: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Pressematerial zur Verfügung gestellt von 20th Century Fox Österreich
Da Martin McDonaghs Meisterwerk ‚Three Billboards Outside Ebbing, Missouri‘ erst dieses Jahr im Januar im deutschsprachigen Raum erschienen ist, findet es natürlich einen Platz in meiner Top 10 von 2018. Die Geschichte handelt von der verbitterten Mutter Mildred, welche immer noch mit dem Trauma der Ermordung und Vergewaltigung ihrer Tochter zu kämpfen hat. Die örtliche Polizei konnte auch nach 7 Monaten noch keine Verantwortlichen finden und steht in einer Sackgasse. Um den Fall wieder ins Rollen zu bringen, greift sie zu einer verzweifelten Maßnahme: Sie mietet am Rande des Ortes drei große Werbetafeln, mit welchen Sie den Polizeichef von Ebbing öffentlich bloßstellt. Daraufhin kommt es im Ort zu zahlreichen Konflikten zwischen Mildred, der Polizei und den Einwohnern, da Mildred hier für viele zu weit geht. Frances McDormand als Mildred spielt dabei die Rolle ihres Lebens und der komplette Cast überzeugt auf ganzer Linie. Der Regisseur präsentiert uns eine originelle, komplexe Geschichte, welche man nur noch selten im Kino erleben darf. Er behandelt dabei Themen wie Rassismus, Menschlichkeit und Gewalt gegen Frauen mit einer solchen Sorgfalt, dass sich der komplette Film perfekt zu einem absoluten Meisterwerk zusammenfügt. Die Charaktere sind facettenreich und werden nie einseitig behandelt, in jeder Rolle steckt ein echter Mensch. Gewürzt wird das Ganze noch, wie von Martin McDonagh gewohnt, mit einem schwarzen Humor, der seinesgleichen sucht. Herzergreifendes, ehrliches, sensationelles und vor allem kreatives Kino, welches man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
Platz 2: Luz
Pressematerial zur Verfügung gestellt vom /slash Filmfestival
Die für mich persönlich größte Überraschung dieses Jahr war Tilmann Singers Regieerstling ‚Luz‘. Auf Empfehlung von Daniel Schröckert, vom hervorragenden Kinomagazin Kino+ beim Youtube-Sender Rocket Beans TV habe ich den Film im Rahmen des diesjährigen Slash Filmfestivals gesehen. Die Finesse, welche der Jungregisseur hier an den Tag legt, ist einmalig. Das begrenzte Budget merkt man zu keiner Sekunde und so hypnotisiert das Machwerk sein Publikum mit einer zu Beginn eher verwirrend wirkenden Geschichte, welche beim aufmerksamen Zusehen nach und nach Sinn ergibt. Gewisse Elemente bleiben dem Zuseher aber bei der ersten Sichtung verborgen. Dabei werden die Bilder und Geräusche äußerst geschickt eingesetzt. Bei einer Hypnosesitzung, sehen wir die Hauptdarstellerin Luz ein provisorisch aufgebautes Autointerieur bedienen, um die Geschehnisse rund um das Verschwinden ihrer Freundin zu rekonstruieren. Dabei verschmilzt Erinnerung und Gegenwart durch die hervorragend eingesetzten Schnitte. Gebannt und gleichzeitig schockiert beobachtet man die sich entfaltende Geschichte. Horrorfilm-Fans und speziell Fans des „gefühlten Sehens“ sollten sich den Film keinesfalls entgehen lassen, nächstes Jahr soll dieser nämlich endlich auf Bluray erscheinen. Nach dem Film durfte ich den jungen Regisseur bei einem Spaziergang kennenlernen, was definitiv zu einem meiner Höhepunkt diesen Jahres zählt. Wir dürfen auf den weiteren Werdegang des jungen Mannes gespannt sein!
Mein vollständiges Review findet ihr hier!
Platz 1: Aufbruch zum Mond – First Man
Pressematerial zur Verfügung gestellt von Universal Pictures Österreich
Meine persönliche, absolute Nummer 1 dieses Jahr ist definitiv Damien Chazelles ‚First Man‘, wenn nicht sogar eines meiner Highlights der letzten Jahre. Ich kann mich kaum daran erinnern, wenn das letzte Mal ein Film die volle Palette an Emotionen bei mir ausgelöst hat. Der Regisseur schafft es, den Zuseher mit den ganz stillen Momenten zu Tränen zu rühren oder sogar in Tränen ausbrechen zu lassen, ohne nur eine Sekunde aufgesetzt oder forciert zu wirken, um einen im nächsten Moment mit der brachialen Inszenierung der Raum- bzw. Testflüge in den Sitz zu pressen. Noch nie habe ich mich so in die Rolle eines Astronauten hineinversetzt gefühlt. Die Flugzeuge bzw. später die Apollo 11 wirken, als könnten sie jeden Moment auseinanderbrechen, es ächzt, es knallt, es kracht, es wackelt, man weiß kaum, wo hinten und vorne ist. Währenddessen fixiert man die Schrauben die das Raumschiff zusammenhalten und man spürt regelrecht am eigenen Leib, auf was für eine irrsinnige Mission sich die Crew damals begeben hat. Der oscarwürdige Soundtrack unterstreicht die Geschehnisse auf der Leinwand bzw. bald auf den eigenen Flachbildfernsehern zuhause. Noch heute höre ich mir Titel wie ‚The Landing‘ oder ‚Crater‘ an, komponiert von Justin Hurwitz, und sehe die Bilder des Meistwerks vor mir. Allein durch die Musik fühlt man die Emotionen, die in den Szenen vermittelt werden sollen, sei es das hervorheben der unendlichen Schönheit des Mondes und des monumentalen Umfangs des weltbewegenden Ereignisses der Mondlandung oder die unendliche Trauer und Zerrissenheit eines Neil Armstrongs. Dabei greift Justin Hurwitz immer wieder auf die Klänge eines Theremins zurück, vielen dürften diese durch die Verwendung im ‚Star Trek‘-Theme bekannt sein. Zusammengefasst handelt es sich bei ‚First Man‘ um ein absolutes Meisterwerk, welches sowohl Emotionen, wie auch die spannende, herzzereißende Geschichte des Neil Armstrons und der Apollo 11 Mission vermittelt. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte man den Film unbedingt noch im Kino sehen. Ich hatte das Privileg, ihn im Rahmen eines Pressescreenings im IMAX-Kino zu sehen und könnte dafür nicht dankbarer sein. Auf mit euch und ab ins Kino, ihr könnt euch ein derartiges Meistwerk nicht entgehen lassen!
Mein vollständiges Review findet ihr hier!
Honorable Mentions:
- Under the Silver Lake
- No Way Out – Gegen die Flammen
- Unsane
- Isle of Dogs
- Upgrade
- Wind River
- Spider-Man: A New Universe
- Sicario 2
- Game Night
- Roma
- Molly’s Game – Alles auf eine Karte
- Ghost Stories
- Your Name.
- Auslöschung (Annihilation)
- It Comes at Night
Kommentar verfassen