Also, wo fang ich an. Was für ein eigenartiges Filmerlebnis. War aber auch nicht anders zu erwarten, kommt der Film schließlich vom ehemaligen, einmaligen Meister des Twists M. Night Shyamalan. Der hat vor Jahren mit „The Sixth Sense“ eine richtige Bombe von Film hingelegt, der so richtig aber nur einmal funktioniert. Danach kam der hervorragende „Unbreakable“ und wie das nun mit „Glass“ ausging, könnt ihr in meinem Review nachlesen. Der Regisseur und Drehbuchautor ist berühmt berüchtigt für seine Werke. In seiner Vita befinden sich neben den beiden Filmhits und dem meiner Meinung nach eher unrühmlichem Ausgang seiner Superheldentrilogie nämlich Katastrophen wie „The Happening“ und sein Versuch, die gefeierte Zeichentrickserie „Avatar“ zu realverfilmen. Mit „After Earth“ fang ich gar nicht erst an, spätestens da zieht es einem komplett die Schuhe aus. Schließlich wurde es mit „The Visit“ und „Split“ wieder besser. Und jetzt traut sich der Mann wieder mal, komplett frei zu drehen und haut mit „Old“ ein komplett abstruses Gedankenexperiment im Filmgewand hin. Ob das den Leuten gefallen wird, sei mal dahingestellt, ich hab auf jeden Fall nicht nur Negatives zu berichten und warte mit einer gewagten These auf euch, welche ich aber erst später im Review vorstellen werde.
Ich habe bewusst auf sämtliche Trailer verzichtet, trotzdem ist es mir nicht gelungen, allem aus dem Weg zu gehen, wodurch ich zumindest ein kleines bisschen mitbekommen habe, worum es denn grob gehen könnte. Eigentlich wollte ich absolut spoilerfrei bleiben, denn so könnte vielleicht sogar der ein oder andere Durchhänger vermieden werden. Die betroffene Gruppe von Menschen weiß nämlich selbst wirklich sehr, sehr lange nicht, worum es geht. Und das ist ein wirkliches Problem, denn jetzt sitze ich da und weiß nicht so recht, wie ich weiterschreiben soll. Wirklich schaffen, ohne Vorwissen in diesen Film zu gehen, könnt ihr es jedoch nur, wenn ihr der englischen Sprache nicht mächtig seid und somit nicht wisst, was der Titel bedeutet. Was wirklich schade ist, denn so ist der Film über eine Stunde hinweg richtig anstrengend und man muss Sitzfleisch beweisen. Darum werde ich die Prämisse kurz und knackig in einem Satz beschreiben, wenn ihr es wirklich geschafft habt, noch sämtlichen Infos aus dem Weg zu gehen, dann springt einfach zu meinem Fazit, da braucht ihr keinerlei Spoiler befürchten. Für alle anderen mein Satz zum Kinofreitag: Eine Gruppe Touristen reist zum Urlauben auf eine Insel, wo sie zu einem Strand gebracht werden, welchen sie nicht verlassen können und auf welchem sie plötzlich beginnen, sehr schnell zu altern. Und darum heißt der Film dermaßen superkreativ Old. Sollte wirklich Shyamalan selbst für den Titel verantwortlich sein, möge er sich bitte seine wohlverdienten Peitschenhiebe bei mir abholen!

Ich möchte aber nicht nur draufhauen, daher kommen wir mal zum Positiven. Dem Kern der Geschichte, oder sagen wir zum Gedanken, der den Regisseur zu einer derart abstrusen Geschichte getrieben haben könnte. Denn im Kern geht es ums Älter werden, Überraschung! Aber Spaß bei Seite, in all dem Wahnsinn, der einem hier zeitweilen geboten wird, wo ich manchmal nicht fassen konnte, was da gerade vor sich geht, versteckt sich die ein oder andere Weisheit und die ein oder andere berührende Szene. Und jetzt zu meiner gewagten Hypothese. Wenn ihr euch, so wie ich, gerade intensiver mit dem Älter werden beschäftigt und bei euch allmählich der Kipppunkt erreicht ist, wo sich die Welt um euch schneller und schneller zu drehen beginnt und ihr gar nicht mehr richtig nachkommt, dann kann der Film euch tatsächlich berühren. Ich halte den Film nämlich für Shyamalans Sinnbild auf das Altern, nur musste er, aus welchen Gründen auch immer, ein trotteliges Filmkorsett rundherum basteln. Mit hollywoodesken Spannungsaufbauten, bei denen man aus dem sich aufs Hirn klatschen gar nicht mehr rauskommt und einem Ende, welches die eh schon nicht vorhandenen Grundfeste des Streifens komplett zum Einstürzen bringt.
Und dann sind da noch die wirklich schrecklich geschriebenen Dialoge, die erreichen fast schon „The Happening“ Levels. Was dem armen Schauspielensemble da stellenweise in den Mund gelegt wurde, tut richtig weh. Darum will ich mir gar nicht erst anmaßen, über ihr Schauspiel zu urteilen, denn selbst beim sehr talentierten Alex Wolff tue ich mir hier schwer. Die Kameraspielereien helfen da leider auch überhaupt nicht und der Soundtrack ist ebenso kaum erwähnenswert, manchmal beim Spannungsaufbau sogar nervig. All das tut mir persönlich wirklich weh, ich selbst bin eigentlich ein großer Fan vieler seiner Werke. „The Sixth Sense“ hat mich nachhaltig verstört und aus den Socken gehauen, wie ich ihn mir verbotener Weise viel zu jung angesehen habe. „Signs“ hat mir als heranwachsender im Autokino das Fürchten gelehrt. Damals war mir das verblödete Ende noch egal, ich war gepackt und mittendrin. Schon langsam kann ich mich aber nicht mehr auf Shyamalans Filme freuen, denn ich fange an zu bezweifeln, dass er jemals zu seiner alten Stärke zurückfinden wird. So zwiegespalten, wenn nicht sogar leicht positiv, wie ich aus dem Film raus bin, so negativ sitze ich jetzt da, was mit jeder Sekunde mehr, in welcher ich intensiver drüber nachdenke, wächst und wächst.
Fazit
Alles in allem wieder mal ein interessantes Filmexperiment vom berühmt berüchtigten M. Night Shyamalan, welches er sich nahezu komplett selbst zunichtemacht. Wenn er einfach mal seinem Zwang, alles in eine cineastische Richtung brechen zu müssen, widerstehen könnte. Die darunter vergrabene Botschaft regt nämlich durchaus zum Nachdenken an und weiß sogar zu berühren. Wer sich selbst gerade in einer bestimmten Phase seines Lebens befindet, kann hier doch einiges an Einsicht mitnehmen. Wenn ihr jedoch anfällig für Logikschmerzen seid, dann lasst es, ihr werdet mit dem Film nicht glücklich werden. Für mich eine wirkliche Enttäuschung, die mit fortwährender Dauer größer und größer wird. Sollte euch doch die perfide Neugier packen, dann geht ruhig ins Kino, gewarnt hab ich euch, erwartet nur eher ein zweites „Happening“ und keinen siebten Sinn!

Pressematerial zur Verfügung gestellt von Universal Pictures International Austria
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