Was hat man uns lange auf den neuesten James Bond Ableger warten lassen. Nach zahlreichen Verschiebungen ist es aber endlich soweit und wir dürfen den 25. Eintrag der 007-Saga und gleichzeitig den finalen Auftritt von Daniel Craig als Doppelnull-Agent auf der großen Leinwand bestaunen. Ursprünglich sollte ja der für „Trainspotting“ bekannte Danny Boyle Regie führen. Als der jedoch mit offenbar zu abgedrehten Ideen daherkam, wurde er kurzerhand vom Projekt gekickt und der Regieposten wurde an Cary Joji Fukunaga weitergereicht. Ihn kennt man vor allem durch seine alleinige Regiearbeit an der ersten Staffel der (bis auf Staffel 2) hervorragenden Anthology-Serie „True Detective“ und was wurde ich dadurch gehyped. Sein düsterer, geerdeter Stil trifft auf Daniel Craigs eigensinnige Darstellung, das kann doch einfach nur absolut grandios werden! Aber ist dem auch so und kriegt Craig einen ehrwürdigen Abschluss?

Die nachfolgende Kritik ist absolut spoilerfrei, also keine Sorge, für euch gibt es jede Menge Überraschungen zu entdecken! Ich kann euch direkt verkünden, dass ich „No Time To Die“ für wirklich hervorragend halte, ich hatte eine tolle, kurzweilige Zeit im Kino. Gleichzeitig zähle ich mich jedoch nicht zu den Bond-Puristen, die aus der Haut fahren, wenn ihr Held mal den ein oder anderen neuen Charakterzug auf den Leib geschrieben bekommen. Ich bin nicht mal der größte Bond-Fan, durchgehend verfolgt hab ich die Reihe erst ab Pierce Brosnan, die Teile davor hab ich nur vereinzelt gesehen. Ob ich daher überhaupt qualifiziert bin, eine Meinung zu dem von Vielen so geliebten Franchise zu haben, müsst ihr für euch selbst entscheiden. Also, fangen wir endlich an, was kann und will ich euch denn erzählen. Einer der ganz großen Sellingpoints bei Bondfilmen ist ja immer die Action. Und die Actionsequenzen sind bis auf wenige Ausnahmen relativ geerdet und fern von jeglichem „Fast & Furious“-Niveau. Fukunaga inszeniert seine Szenen mit intensivstem Spannungsaufbau, Druck und Wucht dahinter, die sich wirklich sehen lassen kann, der schiere Wahnsinn. Es müssen eben nicht gleich Autos ins All fliegen, um das Publikum, mich inklusive, zu beeindrucken. Schon lang nicht mehr war ich selbst bei Actionszenen so physisch involviert, was aber an der Bedrohlichkeit der Bösewichte lag und nicht an der wahnwitzigen Action selbst.

Wo wir gleich beim nächsten positiven Punkt wären, der aber auch nur deshalb positiv hervorsticht, da es an einer anderen Ecke mangelt. Die gegnerische, von Rami Malek angeführte Fraktion hat dank der druckvollen Inszenierung tatsächlich bedrohliche Auftritte. Was allerdings nur daran liegt, dass die Figur von Malek, Lyutsifer Safin, viel zu sehr im Hintergrund bleibt. Und ja, hier handelt es sich tatsächlich einfach nur um eine fancy Schreibweise von Luzifer, ausgesprochen wird der Name genau so. Dem Bösewicht fehlt es definitiv an Fleisch, überraschenderweise allerdings gar nicht so an der Screentime. Ein bisschen mehr Background, dazu noch ein furchteinflößender Auftritt in der Mitte des Films und schon hätte der Bond-Gegenspieler wesentlich runder sein können. So bleibt er nur ein belangloser Strippenzieher. Ebenso belanglos bleibt sein Sidekick Primo. Der bekommt sogar eine eindrucksvolle Szene spendiert und selbst bei dieser schafft er es, mehr als gesichtsloser Handlanger durchzugehen, anstatt als würdige, rechte Hand des Bösewichts. Er und Lyutsifer passen auch gar nicht so richtig zusammen. Sein böser Masterplan hat einen sehr comichaften Touch und hätte leicht abgeschwächt vermutlich auch im nächsten Austin Powers von Dr. Evil stammen können, aber Fukunaga kommt irgendwie damit durch. Was wieder einmal unangenehm auffällt, ist die seltsame Blutleere des Films, damit man unbedingt wieder auf sein PG13-Rating (bei uns FSK12) kommt. Das geht sogar so weit, dass man bei so mancher Szene einfach nicht mehr klar nachvollziehen kann, ob denn der Bösewicht jetzt überhaupt verletzt wurde oder gerade eine schusssichere Weste im Spiel war. Das Blut muss jetzt nicht unbedingt in Litern fließen, aber zumindest ein bisschen Trefferfeedback wäre nett gewesen.

Was die Laufzeit betrifft, bin ich etwas zwiegespalten. Zum einen merkt man gerade im Mittelteil einen ordentlichen Durchhänger, wo sich die Handlung ein bisschen verläuft. Andererseits hilft die lange Laufzeit dabei, mehr Charaktermomente zu schaffen. Die verschaffen den Figuren zwar nicht mehr Tiefe, sie wachsen einem aber mehr ans Herz. Dann gibt es da z.B. den tollen Auftritt von Ana de Armas, die in die Rolle der CIA-Agentin Paloma übernimmt. War ihr Charakter unbedingt notwendig? Eher nicht, nein. Aber will ich ihn deshalb weghaben? Auf gar keinen Fall! Hätte Jeffrey Wright wieder als Felix Leiter auftauchen müssen? Nope! Trotzdem war’s nett in wiederzusehen und es hat sich nicht so angefühlt, als würde man mir meine Zeit stehlen. Trotz der massiven Länge von 163 Minuten war das Kinoerlebnis für mich überraschend kurzweilig, ich hatte jede Menge Spaß, Angst um den guten James und war von so manchem Twist überrascht und erstaunt. Für mich bei weitem kein perfekter Film und vielleicht weniger ein James Bond Film, als es sich viele gewünscht hatten, trotzdem ein absolut würdiger Abschluss der Daniel Craig Ära.
Fazit
Mit „No Time To Die“ darf Daniel Craig ein letztes Mal als Doppelnull-Agent aus der Hüfte schießen und dank der hervorragenden Regiearbeit von Cary Joji Fukunaga bekommt er einen würdigen Abschluss spendiert. Dafür, dass überraschend wenig Bond-typisches im bereits 25. Ableger steckt, hat er mich trotzdem vollends abgeholt und mitgerissen. Das Figurenensemble ist flach, aber gut gespielt und macht Spaß. Der Bösewicht bleibt profillos, seine Organisation schlägt aber mit genug Wucht und Präzision zu, um Eindruck zu schinden. Es fehlt an eindrucksvollen Bond-Momenten und die Action fällt nicht allzu besonders aus, sie haut aber dank Hans Zimmers grandiosen Score mächtig rein und pumpt das Publikum mit Adrenalin voll. Auch wenn er sich zum Ende hin ein bisschen weniger am „The Dark Knight“-Score orientieren hätte können. Den leichten Durchhänger im Mittelteil kann man verkraften, denn Fukunaga hat ein Gefühl dafür, ordentlich an der Intensitätsschraube zu drehen. So kurz nach „Dune“ direkt wieder ein Film, der danach schreit im Kino genossen zu werden. Also ab mit euch! IMAX yay, 3D nay!

Pressematerial zur Verfügung gestellt von Universal Pictures International Austria
Poster: © 2021 UNIVERSAL STUDIOS, DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.
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