Indiana Jones und das Rad des Schickals – Review

Was mussten wir Indiana Jones Fans mit „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ schon mitmachen. Für mich war der in vielen Fanköpfen verbotene Teil ein absolutes Debakel. In Erinnerung blieb mir davon nur das Negative. Für Steven Spielberg gab es damals dermaßen viel auf die Mütze, dass er für Teil 5 doch tatsächlich den Regiestuhl an jemand anderes weitergegeben hat. Und dieser Jemand ist niemand geringeres als James Mangold, den viele von euch vermutlich durch seine neueren Kracher wie zum Beispiel „Le Mans 66“ und dem brillanten „Logan – The Wolverine“ kennen werden. Er kriegt von Disney einen möglicherweise letzten Versuch spendiert, um dem totgeglaubten Franchise neues Leben einzuhauchen. Vorab hatte ich gemischte Gefühle, derart gebeutelt bin ich immer noch vom Vorgänger, schlussendlich war die Vorfreude aber dann doch groß. Finden wir nun gemeinsam raus, ob ich erneut enttäuscht wurde.

Indiana Jones (Harrison Ford) in Lucasfilm’s INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY. ©2023 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

Die Handlung werde ich wie immer nur kurz umreißen. Im Jahre 1944 gelingt es Indy gemeinsam mit dem Archäologen Basil Shaw eine Hälfte des sagenumwobenen Rads des Archimedes von den Nazis zu stehlen. 25 Jahre später wird Dr. Jones von der Tochter Shaws aufgesucht, die sich mit ihm gemeinsam auf die Suche nach dem inzwischen verlorenen Stück machen will. Jedoch ist ihnen der inzwischen zu den Amerikanern gewechselten Naziverbrecher Jürgen Voller auf den Fersen, denn der hat mit unserem Lieblingsarchäologen noch eine Rechnung offen. So entbrennt erneut ein Wettlauf quer über den Globus. Soweit so simpel. Und tatsächlich wurde ich von Indys neuestem Abenteuer positiv überrascht, besprechen wir daher direkt die positiven Aspekte.

Indiana Jones (Harrison Ford) in Lucasfilm’s IJ5. ©2022 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

Die für mich größte Überraschung ist Harrison Ford selbst, dem es mit seinen 80 Jahren immer noch gelingt, den ehrenhaften Grabräuber zu verkörpern. Sein Alter fällt zu keiner Sekunde negativ auf. Mangold muss sich nichtmal großartig bemühen, Fords Alter zu kaschieren. Egal ob im Laufen, Springen oder Handhaben seiner legendären Peitsche, alles kriegt er noch fließend ohne sichtbare Anstrengung hin und dabei hat er auch noch sichtbar Laune. Gut funktioniert außerdem seine Chemie mit Helena, der Tochter Shaws, die von Phoebe Waller-Bridge gespielt wird. Die hat sich nämlich überhaupt nicht so entwickelt, wie es sich der Freund ihres Vaters und gleichzeitig ihr Taufpate gewünscht hat. Und so zwisten sich die Beiden durch das Abenteuer, müssen aber doch irgendwie zusammenhalten. Außerdem hab ich persönlich die Story, so simpel sie auch wieder gestrickt sein mag, als positiv empfunden. Da traut sich Mangold mit seinem Drehbuchautorengespann tatsächlich was.

(L-R): Doctor Jürgen Voller (Mads Mikkelsen, standing), Helena (Phoebe Waller-Bridge) and Indiana Jones (Harrison Ford) in Lucasfilm’s INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY. ©2023 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

Kommen wir jedoch nun zu den negativen Punkten von Indiana Jones neuestem Ableger, welche klar überwiegen. Die erste halbe Stunde begleiten wir Indy in den 1940ern, wo wir einen digital verjüngten Harrison Ford erleben müssen. Wobei ich mir recht sicher bin, dass keine der Szenen von Ford selbst gespielt wurde. Versteht mich nicht falsch, gerade in diesen Szenen schwebt der allseits beliebte Geist eines Indiana Jones mehr mit, als im restlichen Film. Die als ach so großartig angepriesene digitale Verjüngung funktioniert nur leider überhaupt nicht. Unser Held mit der Peitsche sieht dabei emotionslos und glattgebügelt aus. Und dann lässt sich Mangold sogar direkt dazu hinreißen, einen schlecht animierten Indy über einen fahrenden Zug laufen zu lassen. Mir persönlich ging diese Anfangssequenz sehr auf Kosten des Momentums des Films und hat mich so rausgerissen, dass ich erst ab der Hälfte wieder reingefunden habe, was dann endlich Ford selbst zu verdanken ist.

(L-R): Indiana Jones (Harrison Ford) and Teddy (Ethann Isidore) in Lucasfilm’s INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY. ©2023 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

Glattgebügelt wirkt allerdings nicht nur der digital verjüngte Indy, sondern der komplette Streifen. Wie schon im vierten Teil gibt es auch hier nichts mehr von dem dreckigen und dadurch echt wirkenden Flair der alten Trilogie. Jedes Setpiece wurde schön sauber aufpoliert, als müsste man einen Putzwettbewerb gewinnen. Dadurch mangelt es an der dichten, oft sogar gruseligen und imposanten Atmosphäre, die seine Vorgänger ausgezeichnet hat. So geht auch jegliche Mystik verloren. Spannende Rätseleinlagen gibt es sowieso nicht. Erinnerungswürdige Momente und Zeilen fehlen nahezu gänzlich. „Der bußfertige Mann wird bestehen“ wird mir für immer in Erinnerung bleiben, vom Rad des Schicksals könnte ich aber keinen einzigen Satz rezitieren.

(L-R): Indiana Jones (Harrison Ford), Doctor Jürgen Voller (Mads Mikkelsen) and Basil (Toby Jones) in Lucasfilm’s IJ5. ©2022 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

Regietechnisch muss sich Mangold gefallen lassen, dass er die meiste Zeit versucht, Spielberg zu imitieren, anstatt seinen eigenen Stil unterzubringen. Gelingen tut ihm das leider gar nicht. Spielbergs meisterhaftes Blocking, sein Flow und seine pompös inszenierten Wimmelbilder gibt es hier einfach nicht. Daher konnte ich leider in keinem Moment das Gefühl abschütteln, hier eine glattpolierte, generische Studioproduktion vorgesetzt zu bekommen, welche jeglichen Flair der legendären Vorgänger abhanden gekommen ist. Kommen wir zuletzt jedoch zum großen Aber. Ein absolutes Debakel ist „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ nämlich keineswegs. Ich hatte sogar jede Menge Spaß mit dem kurzweiligen Streifen, fern von der Facepalm-Orgie die sich „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ schimpft. Schraubt eure Erwartungen daher einfach auf minus 10 und erfreut euch ein letztes Mal an unseren geliebten Helden mit Peitsche und Hut.

Fazit

Ein letztes Mal dürfen wir Harrison Ford als Indiana Jones auf der großen Leinwand bestaunen. Dabei kracht es an allen Ecken und Enden. So geht die digitale Verjüngung Fords komplett in die Hose. Alles ist glattpoliert, austauschbar und generisch. Außerdem fehlt es Mangold an inszenatorischen Mut und Indy an einem erinnerungswürdigen Gegenspieler, was am Drehbuch liegt und nicht an Mads Mikkelsen, der in die Rolle des Erz-Nazis Voller schlüpft. Das Gezanke mit seiner Patentochter, das überbordende, abgedrehte Finale und ein motivierter, immer noch topfiter Ford schaffen es trotzdem „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ zu einem zwar relativ belanglosen, aber spaßigen und kurzweiligen Filmerlebnis zu machen. Seid also nicht enttäuscht, besser wird es nicht mehr. Genießt lieber ohne jegliche Erwartungen und mit ausgeschaltenem Gehirn den okayen Abgesang einer Legende.

Pressematerial zur Verfügung gestellt von Walt Disney Studios Motion Pictures Austria
Poster:  
©2023 Lucasfilm Ltd. & TM. All Rights Reserved.

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