Der südkoreanische Regisseur Bong Joon-ho hat schon so einiges abgeliefert. Zu seinen Werken zählen ‚The Host‘, ‚Memories of Murder‘ und zuletzt der Netflix-Hit ‚Okja‘. Auf ein spezielles Genre ließ er sich dabei nie festsetzen. Mit ‚Parasite‘ hat er nun sein Meisterwerk geschaffen. Eine kurze Inhaltszusammenfassung lasse ich diesmal bewusst weg, da der Film stark davon lebt, wie man als Zuseher die mit Details übersäte Welt der Protagonisten aufsaugt und sich Stück für Stück alles zusammensetzt. Umso weniger ihr vorab wisst, umso größer ist das Sehvergnügen. Ich habe den Film bereits zwei Mal gesehen und bei der ersten Sichtung war ich vollständig unvorbereitet, wodurch ich tatsächlich weggeblasen wurde. Und genau dass zeichnet ein einmaliges Kinoerlebnis für mich aus.
Die komplette Laufzeit über verzaubert uns der Regisseur auf einer Vielzahl von Ebenen. Die detailverliebten, wunderschönen Sets ermöglichen unfassbare Bildkompositionen. Jede Einstellung und jeder einzelne Kameraschwenk strotzen nur so vor Kreativität und Einfallsreichtum. So schafft Joon-ho permanent Reize, die einen gebannt auf die Leinwand starren lassen. Auch diesmal lässt sich der Regisseur auf kein Genre festlegen und spielt nur so mit den verschiedensten Emotionen des Publikums. Im einen Moment muss man noch herzhaft lachen und im nächsten stockt einem vor Spannung der Atem. Geschickt hinter all dem Filmvergnügen verborgen, streut der Südkoreaner noch jede Menge bissige Gesellschaftskritik. Diese wird aber nie plakativ eingesetzt, sondern dient jederzeit der Handlung, ist dabei aber so bitterböse, dass es fast schon weh tut. Wiederum geben diese Ansätze zu denken und beschäftigen nachhaltig. Er tendiert nicht dazu, direkt eine Seite zu ergreifen, sondern zeigt beide Extreme eher beobachtend, als urteilend, „denn sie wissen nicht, was sie tun“. Unbedingt erwähnenswert sind außerdem der grandiose Score und Soundtrack. Klassische Klänge bestimmen sehr oft die Taktung und den Schnitt der Szenen, wodurch sich regelmäßig ein hervorragender Sehfluss ergibt, vergleichbar mit dem von Heist-Movies. Generell gibt es beim Pacing nichts zu meckern. Der Sog, der durch das Zusammenspiel aller wirklich durchgehend herausragenden Aspekte entsteht, lässt einen nie los.
Nun noch zu den Darstellern. Jedes einzelne Mitglied des Casts liefert ab, ohne dabei auch nur die geringste Unstimmigkeit beim Zuseher zu erzeugen. Die perfekt und absolut organisch zusammengestellten Familien wirken lebendig und echt. Schnörkellose Charakterzeichnungen verleiten zum mitfiebern und mitfühlen. Speziell die Darstellungen von Cho Yeo-jeong und Song Kang-ho transportieren durch ihren Nuancenreichtum eine unglaubliche Tiefe. Für mich persönlich gibt es eigentlich nur einen einzigen, kleinen Kritikpunkt, denn gegen Ende gibt es eine Tat, deren Ergebnis in meinen Augen wesentlich drastischer hätte ausfallen müssen, was aber auch daran liegen kann, dass ich völlig verblendet von den oft überdrastischen Gewaltdarstellungen Hollywoods bin. Daher fließt dieser Punkt nicht in meine Kritik mit ein. Jetzt aber genug um den heißen Brei geredet, wenn es einen Film gibt, den jeder dieses Jahr gesehen haben muss, dann ist es dieser. Vertraut mir in diesem Fall wirklich mal blind und lasst euch ‚Parasite‘ nicht entgehen. Perfektion in Reinform, so wundervoll und vielschichtig kann Kino sein!
Fazit:
„Ein Film wie ein Gemälde“ hört man heutzutage viel zu oft. Denn meist fehlt es bei all dem Style over Substance an einer mitreißenden Geschichte. Oder es mangelt an der Nachvollziehbarkeit der Charaktere. ‚Parasite‘ schafft es jedoch, mit jedem Shot ein Gemälde abzuliefern und gleichzeitig mit einer einmaligen, kreativen Story zu überzeugen, welche von unendlich talentierten Schauspielern getragen wird. Dadurch überzeugt Bong Joon-hos Meisterstück nicht nur Cineasten, sondern wird so gut wie jeden Kinobesucher vom Hocker hauen. Aufgrund der absoluten Perfektion, die wir hier zu Gesicht bekommen, bei der es im Grunde keinerlei Mängel, sondern einfach nur 100 % reinsten Filmgenuss zu erleben gibt, bekommt ‚Parasite‘ von mir als erster Film seit dem inzwischen einjährigen Blogbestehen 10 von 10 Punkten. Believe the Hype! In diesem Sinne: Respect!
Pressematerial zur Verfügung gestellt vom Filmladen Filmverleih
Poster: © 2019 Filmladen Filmverleih
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