Der Unsichtbare – Review

Zum Glück ist Universals „Dark Universe“ direkt mit dem ersten Eintrag, dem Reboot der Mumie mit Tom Cruise, gescheitert. Ursprünglich war nämlich angedacht, alle klassischen Universal Pictures Film Monster, wie zum Beispiel die Mumie, den unsichtbaren Mann, Frankenstein, Dracula und Co., in ein gemeinsames Film-Universum zu bringen. Schließlich will jedes Studio ein eigenes Marvel Cinematic Universe haben, bringt schließlich die Kassen nicht nur zum Klingeln, sondern sogar zum Zerbersten. Ganz so einfach ist es dann natürlich nicht. So hat Universal Pictures mit dem ersten Ableger direkt die Quittung präsentiert bekommen, zwar nicht in finanzieller Hinsicht, aber dafür von den Kritikern und vom Publikum. Genauso schnell ist man dann auch wieder zurückgerudert und hat die Idee des „Dark Universe“ sofort wieder verworfen. Die Monster sollen doch noch in neuem Glanz auf die Leinwand kommen, allerdings in völlig voneinander unabhängigen Filmen. Mit „Der Unsichtbare“ hat man überraschenderweise blitzschnell innerhalb nur eines Jahres schon den ersten Film parat. Im Januar 2019 wurde Leigh Whannell als Regisseur und Drehbuchautor bestätigt, den viele von euch wohl vom ersten ‚Saw‘ kennen dürften. Denn hier hat er gemeinsam mit James Wan das Drehbuch verfasst und auch gleich eine der Hauptrollen übernommen. Der liebe Leigh spielt dort nämlich den angeketteten Fotografen Adam. Zuletzt hat er mit dem leider viel zu wenig beachteten und bei uns nicht mal im Kino erschienenen SciFi-Actioner „Upgrade“ für Aufsehen gesorgt und in einem ähnlichen Stil geht es bei seiner Interpretation des Unsichtbaren weiter.

Cecillia ist mit einem ebenso brillanten, wie gestörten Wissenschaftler verheiratet, der ihr Leben in jedem Moment kontrolliert. Daher ergreift sie eines Nachts die Flucht und flieht Mithilfe ihrer Schwester zu einem Freund namens James. Die vom Leben in sprichwörtlicher Gefangenschaft gebeutelte Frau leidet seitdem unter wahnsinniger Paranoia, da Adrian alles zuzutrauen ist. Selbst als Adrian nur wenige Wochen später überraschend Selbstmord begeht und Cecillia sein gesamtes Vermögen erbt, wird sie das Gefühl nicht los, dass ihr der Verrückte noch immer im Nacken hängt. Verliert sie also langsam den Verstand oder ist an ihrem Bauchgefühl doch irgendwie was dran? Direkt in der ersten Szene sehen wir sie ohne großartige Einführung bei ihrem Fluchtversuch und von der ersten Sekunde an packt uns der Regisseur ordentlich am Schlafittchen. Nach der grandiosen Eingangssequenz nimmt man sich dann endlich Zeit, um den Stoff atmen zu lassen, wo wir allerdings gleich beim ersten Problem wären. So gut Elisabeth Moss die gebrochene Cecillia auch verkörpert, so unnahbar bleibt die Figur über nahezu die komplette Laufzeit. Wirklich kennenlernen tun wir sie nie. Ebenso verschlossen gibt sich „Der Unsichtbare“ mit all seinen Charakteren. Ich war zum Beispiel nicht mal in der Lage näher zu definieren, in welcher Beziehung Cecillia zu James steht. Anfangs war ich noch der Meinung, dass James der Ex-Freund von Cecillias Schwester ist, die Zwei dürften aber tatsächlich einfach nur befreundet sein.

Trotzdem zieht einem der Film irgendwie in seinen Bann, was vor allem der hervorragenden Regie zu verdanken ist. Jumpscares gibt’s hier schon, die sind allerdings rar gesät, erarbeitet und meist kreativ umgesetzt. Das absolute Highlight ist jedoch Whannells ruhiges, aber gerade dadurch so nervenzerreißendes Spiel mit den Erwartungen des Zusehers. Viele der Szenen beschränken sich auf einfachste Kameraschwenks und statische Shots, bei welchen auf den ersten Blick nicht viel bis gar nichts passiert, und genau da setzt die Fantasie der Kinobesucher an: „Warum sehen wir diese Einstellung gerade? Steht da etwa tatsächlich gerade jemand? Gleich wird sich bestimmt etwas bewegen. Oder etwa doch nicht?“. Absolut gebannt starrt man auf die Leinwand und sucht nach Indizien, dabei schwappt das Gefühl, beobachtet zu werden, auf uns selbst über. Es ist zwar löblich, dass man das ruhige Tempo sehr lange durchzieht und so die Spannung kaum bricht, sehr oft lässt man sich jedoch zu viel Zeit und überreizt somit das tolle Alleinstellungsmerkmal. Immer wieder sehen wir Cecillia verzweifeln, in Tränen ausbrechen und zittern, dass Problem dabei ist nur, dass wir wie erwähnt nicht mit ihr connecten können und dadurch viele der Szenen belanglos wirken und ins Leere gehen.

Die richtigen Probleme gehen aber spätestens ab der Hälfte los. Cecillia scheint nämlich mehr und mehr die Fähigkeit zu verlieren, sich in den abstrusesten Momenten zu erklären. Als zum Beispiel Cecillia zusammengekauert am Boden liegt und redet ihr James Tochter gut zu, dann wird sie aber aus dem nichts ins Gesicht geschlagen. Natürlich nicht von Cecillia, die liegt schließlich noch am Boden. Das Erste, was dem Teenager jedoch in den Sinn kommt, ist, dass ihr die am Boden liegende eine gepfeffert hat und die schafft es nicht, denn Irrwitz des gerade Geschehenen zu erklären. Und genau so etwas bekommen wir immer und immer und immer wieder geboten. Ab der Hälfte zieht das Pacing merklich an, gleichzeitig wirft der Regisseur und Drehbuchautor allerdings jegliche Vernunft über Bord und schüttelt dabei einen Twist nach dem anderen aus dem Ärmel, von denen nur die wenigsten Sinn ergeben. Damit wird aus dem anfangs noch nervenzerfetzenden und tiefbösen Kinoerlebnis, welches einem über weite Strecken förmlich die Kehle zuschnürt, ein zum Schluss heftig überstrapaziertes. Trotzdem gibt’s von mir eine Empfehlung für Thriller-, sowie Suspense-Fans und eine vorsichtige Empfehlung für euch alle! „Der Unsichtbare“ hats nämlich ganz schön in sich!

Fazit:

Nach dem wahnsinnig gelungenen Einstieg schockiert uns Regisseur und Drehbuchautor Leigh Whannell mit einer ruhig erzählten Geschichte über die Folgen von häuslicher Gewalt und Kontrollwahn, gemischt mit Horror- und Thriller-Elementen, die einen vor Spannung in den Sitz pressen und gebannt auf die Leinwand starren lassen. Dabei verläuft er sich allerdings sehr oft, das Pacing kommt ins Wanken, und das in der Qualität stark schwankende Drehbuch verbietet der gebeutelten Cecillia immer wieder, sich ihrer Umwelt mitzuteilen. Bis man im letzten Drittel die Twist-Trickkiste förmlich über den Zuseher ausschüttet und damit sehr viel vom Gesamtpaket vergeudet. Ordentlich reinhauen tut der bösartige Thriller aber trotzdem, dank der hervorragenden Regie und den Verzicht auf klassische Horrorformeln. Also rein ins Kino mit euch!

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Pressematerial zur Verfügung gestellt von Universal Pictures International Austria
Poster: © 2020 Universal Pictures International Austria

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