Avatar: The Way of Water – Review

Spät aber doch kommt nun endlich mein Review zu der zweiten Iteration von James Camerons Bombast-SciFi-Saga Avatar. In einer Woche vollgestopft mit Weihnachtsstress, Weihnachtsfeiern und jeder Menge Viren möge mir Herr Cameron, „the greatest pioneer“, die Verspätung verzeihen. Rückblickend hatte ich so aber jede Menge Zeit, um das Gesehene zu Verdauen und einzuordnen. Hättet ihr mich nämlich direkt nach dem Kinobesuch gefragt, wie ich den Film gefunden habe, wäre ich nahezu restlos begeistert gewesen. Die offensichtlichen Schwächen waren mir zwar von Anfang an klar, jedoch war ich derart weggeblasen vom Kinoerlebnis, dass ich initial nahezu sämtliche Kritikpunkte in den Hintergrund stellen wollte. So, wie es wohl all den Journalisten mit ihren überschwänglichen Twitter-Lobeshymnen gegangen sein muss. Mit jedem verstrichenen Tag ging der Adrenalin- und Emotionsschub, den mir Avatar 2 verpasst hat, mehr und mehr zurück und jetzt kann ich endlich so nüchtern wie möglich über den Film berichten. Beim ersten Teil ging es mir damals nahezu identisch. Zuerst absolut weggeblasen, bis ich einen Punkt der Ernüchterung erreicht hatte, an welchem ich mir den ersten Teil nie wieder angesehen habe und auch nie wieder ansehen wollte. Selbst zur Vorbereitung auf die Fortsetzung hab ich mich geweigert, nochmal in den Kickoff der Pandora-Saga einzutauchen. Kommen wir nun aber endlich zum zweiten Abenteuer. So euphorisch ich nämlich aus dem Kino gestolpert bin, so voll an Makeln kommt mir der Film jetzt vor.

Tuk in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Zuerst ein paar Worte zur Rahmenhandlung und wie immer: Keine Sorge, ich vermeide üblicherweise Spoiler mit jeder Faser meines Seins. In diesem Fall gibts jedoch nicht viel zu Spoilern. Die Story ist dermaßen dünn und dermaßen voll mit Logiklücken, dass ein Spoilern nahezu nicht möglich ist. Für die absoluten Puristen unter euch: Springt zum nächsten Absatz. Ich versuche sämtliche Hinweise auf die Story in diesen Absatz zu packen. Also, letzte Warnung – los geht’s. Seit dem Ende vom ersten Teil sind viele, viele Jahre vergangen. Jake Sully hat nach der endgültigen Vereinigung mit seinem Avatar die Lebensweise der Na’vi vollständig aufgesogen und ist nun Vater von insgesamt fünf Kindern. Drei davon sind von ihm und Neytiri, zwei davon haben die beiden im Prinzip adoptiert. Und zwar handelt es sich hierbei um den Menschenjungen Spider, dessen Herkunft anfangs eher ungewiss bleibt und um die Navi-Teenagerin Kiri. Sie ist die Tochter von Sigourney Weavers Charakter Dr. Grace und wird in diesem Fall auch von Weaver selbst gespielt. Jap, richtig gelesen. Sigourney Weaver spielt hier eine Na’vi-Teenagerin, dazu aber später mehr. So leben die Sullys nun glücklich in den Wäldern Pandoras bis eines Tages tatsächlich wieder die Menschen auf den Planeten einfallen, denn sie können sich einfach nicht von den Ressourcen des Planeten lösen, während die Erde mehr und mehr verfällt. Gleichzeitig Sinnen sie nach Rache. Um Sully auszuschalten, haben sie die Erinnerungen des verstorbenen Colonel Quaritch, gemeinsam mit einigen kaltblütigen Elite-Soldaten in Na’vi-Körper verfrachtet und schicken die Killertruppe nun los, um Jake auszuschalten. Da bleibt der Familie nur die Flucht, worauf sie bei dem Na’vi-Wasservolk der Metkayina unterkommen. Die Soldaten sind ihnen allerdings dicht auf dem Fersen und gleichzeitig müssen sie sich bei den Wasser-Na’vis zurechtfinden.

Quaritch in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Mehr gibt’s zur Handlung vorab nicht zu erzählen. Und viel mehr wird es zumindest Storytechnisch auch nicht. Bleiben wir aber zuerst bei den positiven Aspekten: „Avatar: The Way Of Water“ ist ein absolutes Kinospektakel der Extraklasse. Das visuelle Erlebnis wird euch, zumindest auf der größtmöglichen Leinwand, umhauen, selbst wenn ihr mit den emotionalen Momenten nicht connecten könnt. Ja, sogar selbst, wenn ihr mit dem Film überhaupt nichts anfangen könnt, werdet ihr genug zu bestaunen haben, dass euch kaum langweilig werden wird. Eine Schier unendliche Flut an Details wird euch entgegen geworfen, die fast ausnahmslos am Computer entstanden sind, um so erneut einen Meilenstein in Sachen Filmanimation zu setzen. Wie schon beim Erstling werden in den nächsten Jahren alle versuchen, sich daran zu messen. Was sie natürlich wieder nicht schaffen werden, denn welches Filmstudio hat noch so viel Vertrauen in seine Filmemacher, um ein dermaßen übertriebenes Megabudget für eine derartig große Zeitspanne auszulegen. Ein Budget von 350 bis 400 Millionen Dollar soll dafür veranschlagt worden sein. Satte 2 Milliarden an Einspielergebnis braucht es, bis man den profitablen Bereich erreicht. Im Vergleich dazu hat „Avengers: Endgame“ 2.8 Milliarden eingespielt und das beim wohl größten Franchise aller Zeiten. Ob es denn überhaupt zu einer Saga aus insgesamt 5 Filmen kommen wird? Lassen wir uns überraschen, denn ich hab aufgehört, an James Cameron zu zweifeln. Der visuelle Bombast hat mich nämlich glatt umgehauen und die emotionalen Beats des Films haben mich voll erwischt, selbst als mir klar wurde, dass ich hier eigentlich nur recht anstrengungslos manipuliert werde.

Jake Sully (Sam Worthington) in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Dafür sorgt auch der hervorragende Cast. Sam Worthington und Zoe Saldaña sind auch diesmal ein starkes Leinwandpärchen. Unterstützt von ihrer Familienbande bestehend aus Trinity Jo-Li Bliss, Britain Dalton, Jamie Flatters und Jack Champion dürfte dann wohl so ziemlich jede und jeder Anwesende abgeholt sein. Sogar Sigourney Weaver liefert in ihrer äußerst eigenartig besetzten Rolle richtig ab und fällt ohne Vorwissen nicht mal auf. Die Truppe aus Bösewichten bleibt allerdings profillos und nahezu vollständig austauschbar. Wo wir auch direkt beim größten Negativpunkt des Blockbusters wären: Der Handlung. Nach jedem fortschreitenden Tag wurde mir nämlich mehr und mehr bewusst, was ich da eigentlich für einen wild zusammengewürfelten Haufen an Klischees gesehen habe, die mir zwar schon während dem Film aufgefallen sind, aber über die ich hinweggeblendet wurde. Und das dermaßen effektiv und meisterhaft, dass man sich vor Cameron eigentlich nur verneigen muss. Kino kann er und das versprüht Avatar 2 mit jedem einzelnen Bild. Dabei nimmt er ohne mit der Wimper zu zucken nahezu jedes Klischee mit, um seine Außerirdischen maximal zu vermenschlichen und es funktioniert trotzdem. Dazu gibt’s noch seine ebenso einfache und genauso effektive Kritik an der Militärindustrie, wie wir sie schon aus Teil 1 kennen. Dann ist da noch das Logikloch, das im Prinzip den ganzen Film überstreckt. Wenn man alles, was da passiert auch nur eine Sekunde überdenkt, kommt man ins Stirnrunzeln. Im großen Finale wird’s dann derart absurd, dass man davon ausgehen kann, dass hier einfach ein riesen Stück ohne viel Gefühl rausgeschnitten wurde. Da fehlt auf einmal eine ganze Gruppe an Figuren und es wird nie wieder darüber gesprochen.

(L-R): Neytiri and Jake Sully in 20th Century Studios‘ AVATAR: THE WAY OF WATER. Photo courtesy of 20th Century Studios. © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Die wechselnde Bildrate kann euch ebenso irritieren. Cameron haut sein Bild dabei konstant mit 48 Bildern raus und wenn er mal zu 24 Bildern wechselt, wird jedes Bild einfach nur doppelt ausgegeben. Dadurch soll der Soap-Effekt, den die meisten von euch vermutlich aus der Hobbit-Trilogie kennen, wo jedes Bild wie aus einer billigen Fernsehproduktion aussieht, verringert werden. Dürfte bei mir funktioniert haben. Die hohe Framerate ist mir nie negativ aufgefallen, ich fand’s nach einer Zeit sogar richtig gut. Hab ich „Avatar: The Way Of Water“ also trotz der dünnen Story genoßen? Aber sowas von! Und zwar dermaßen wie schon lange keinen Blockbuster mehr. Selbst als das Pacing im Mittelteil des 192 Minuten Brockens ins Wanken geraten ist, war ich teil der erschreckend lebendigen Welt von Pandora. Jedes Klischee und jeden Oneliner, welche mich kurz zum Knirschen gebracht haben, konnte ich mühelos beiseite schieben. So ziemlich jede Sekunde war für mich ein herrlicher Rausch, wo ich mich wie ein kleines Kind ganz in der fremden Welt verlieren konnte. Sogar die Tränchen musste ich mir gelegentlich verdrücken. Was danach bleibt, ist aber ebenso leer, wie bereits Teil 1.

Fazit

Da ist es dem wahnwitzigen James Cameron tatsächlich gelungen, einen weiteren Blockbuster der Extraklasse zu stemmen. Das gelingt ihm dermaßen gut, dass er sein geflashtes Publikum sogar über die übelsten Logiklöcher und eine der wohl klischeebeladensten, zusammengestückeltsten Storys überhaupt hinwegsehen lassen kann – mir inklusive. „Avatar: The Way Of Water“ ist das Filmspektakel, auf das ihr sehnlichst dieses Jahr gewartet habt. Die sympathische Familienbande der Sully’s reist einem sowohl visuell und auch emotional von der ersten Sekunde an mit und so merkt man die enormen 192 Minuten erst im Mittelteil, bis man die Zeit beim fulminanten Finale endgültig vergisst. Selbst dann wenn gar nichts mehr Sinn macht. Löst also euer Ticket für die wilde Fahrt, seid euch aber dessen bewusst, dass sobald das Adrenalin nachlässt, nicht viel vom Erlebnis übrig bleibt. Da bleibt dann nur die zweite Dosis oder ewiges Vergessen bis in zwei Jahren die nächste Attraktion auf Pandora ihre Pforten öffnet.

Pressematerial zur Verfügung gestellt von Walt Disney Studios Motion Pictures Austria
Poster: © 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

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